Ich habe beschlossen, die Zwischenbilanz zum 6. Monat dieses
Mal etwas anders zu gestalten.
Heute ist an sich kein besonders besonderer Tag, es ist
nichts super cooles Ungewöhnliches passiert, dennoch ist es (ab) heute anders. Genau
6 Monate bin ich jetzt hier und auf der einen Seite kommt es mir noch gar nicht
so lange vor und doch ist schon so viel passiert und ich habe sehr viel
gelernt, sowohl über Afrika, das Land die Leute und das Leben hier, aber vor
allem auch super viel über mich selbst und wie dieses halbe Jahr mich bisher
schon verändert hat.
Letztens saß ich mal wieder mit meinem Gastvater draußen,
als es mich fragte: wenn dich jetzt jemand fragen würde, was du bisher in
deiner Zeit hier in Tansania gelernt hätte, was würdest du antworten…
Darüber hatte ich mir tatsächlich selbst auch schon Gedanken
gemacht und es ist nicht einfach, dass alles in Worte zu fassen geschweige denn
ansatzweise gerecht zu beschreiben, was ich meine. Trotzdem möchte ich es
versuchten und bin gespannt, wie ich in 6/7 Monaten darüber denke, ob sich
manche Sachen geändert haben, ich meine Meinung zu bestimmten Punkten ändere
und was noch dazu kommt.
Also, WAS ICH BISHER GELERNT HABE:
- Wie schön es zu Hause ist
Ich verstehe mich wirklich sehr
gut mit meiner Gastfamilie und wir reden oft über alles Mögliche, lachen
zusammen oder ich spiele mit meinen Gastgeschwistern, dennoch vermisse ich auch
meinen Alltag in Flörsheim, Familie und Freunde, Training und Gruppenstunden
und einfach dort zu sein. Damit verbunden ist aber auch einfach nur die
WERTSCHÄTZUNG für all diese Menschen und Dinge, die ich nie wieder als
Selbstverständlich erachten werde. Neben all den materiellen Dingen, wie
fließend Wasser und ständigen Strom habe ich aber auch gelernt all die
Möglichkeiten die wir haben wertzuschätzen und dankbar dafür zu sein. Sowohl
Freizeitbeschäftigungen, Ferienwünsche und auch das Reisen. Ich hatte es schon
im Urlaubsbericht erwähnt, dass es für uns schon länger klar war, dass wir über
Neujahr nach Sansibar wollen, während meine Gastgeschwister noch nie dort waren
und an sich nicht weit weg wohnen. Uns wird so oft gesagt: „dir stehen alle
Türen offen“ oder „wenn sich eine Tür schließt, öffnet sich eine neue“, wir
dürfen so viel ausprobieren und wenn es uns nicht gefällt etwas Neues anfangen.
Diese Freiheit an Möglichkeiten, wie wir sie kennen und oft für
selbstverständlich halten, habe ich hier noch nicht so erlebt oder sie kommt
nur einem ganz kleinen Teil der Bevölkerung zuteil.
Ich glaube gerade dieser Punkt,
zu Hause/Freunde/Familie, Selbstverwirklichung und die ganzen Möglichkeiten die
wir haben, hat mich bisher schon am meisten geprägt und verändert.
- Kreativ sein
Man lernt sehr schnell zu
improvisieren und kreativ zu sein. Es gibt keinen Duschvorhang- einfach ein
Tuch und 2 Gummis nehmen und mit Panzertape oder Hacken an der Wand befestigen.
Oder mal etwas Neues mit den Gastkindern spielen- alte Wasserflaschen füllen,
einen Ball holen und schon hat man eine tolle Bowling-Bahn. Oder in der „Kantine“
im Krankenhaus ist der Zucker für den Tee in einer alten Ibuprofen-Plastikdose,
weil sie leer ist und eh nicht mehr als solche genutzt wird… also wurde die Dose
einfach umfunktioniert und ich find es jedes Mal wieder lustig, wenn sie vor
mir steht.
- Achtsamkeit
Ich habe wirklich gelernt immer
mehr auf die Dinge im Alltag zu achten. Brauche ich wirklich noch eine Tüte?
Ich werde aber auch nie verstehen, warum jeder hier seinen Müll auf die Straße,
in die Felder oder einfach überall hinfallen lassen muss. Es ist doch wirklich
nicht so schwer, es in eine Mülltonne zu tun. Besonders beim Wasser ist es mir aufgefallen. Bei einer normalen deutschen Dusche kommt im
Durchschnitt 9-12 Liter pro Minute aus der Leitung. Mittlerweile habe ich mich
daran gewöhnt, manchmal mit einem Eimer duschen zu müssen, wobei mir 10-15
Liter vollkommen reichen und manchmal sogar noch etwas übrigbleibt.
- Es kommen auch immer wieder gute Zeiten
Ich hatte gerade am Anfang einige
schlechte Tage, da es nicht direkt so geklappt hat, wie ich mir das vorgestellt
habe, mir die Arbeit nicht so viel Spaß gemacht hat oder ich komplett anders
war und mit der damit verbundenen Aufmerksamkeit noch nicht zurechtkam…
Es gab einige Tage, an denen ich
mich fragte, was ich hier mache, wie ich das 1 Jahr schaffen soll. Am Anfang
hat es mir nicht wirklich geholfen, wenn man mir dann gesagt hat, dass alles
wieder besser wird oder dass auch wieder schöne Zeiten kommen. Seit einiger
Zeit und rückblickend auf den Anfang, stimmt das aber vollkommen. Ein
schlechter Tag hat auch nur 24 Stunden und dann kommt ein neuer Tag der super
schön werden kann. Und auch die Momente, wenn ich mal nichts zu tun habe, kann
ich mittlerweile wirklich genießen. Inzwischen stehe ich morgens auf und freue
mich auf die Arbeit oder bleibe gerne mal eine Stunde länger und unterhalte
mich mit den anderen. Es macht Spaß und ich bin echt gerne hier. Auch wenn es
keine schönen Erinnerungen sind, bin ich dennoch auch froh, diese schweren Tage
erlebt zu haben, denn irgendwie haben sie mir auch geholfen, die schönen Zeiten
noch mehr wertzuschätzen und mittlerweile hilft es mir wirklich, zu wissen,
dass immer wieder schöne Zeiten komme (auch wenn man manchmal einfach ein bisschen länger warten muss).
- Gelegenheiten nutzen
Dusche, wasche und lade alles,
wann immer es geht, man weiß nie, wann die nächste Gelegenheit kommt.
Das ist eine meiner selbst
aufgestellten Regeln für Afrika/Tansania. Ich versuche mich wirklich daran zu
halten und in manchen Situationen (wie vorhin, als der Strom wieder für ein
paar Stunden weg war) muss ich dann manchmal enttäuscht feststellen, dass es
einen Sinn hatte, dass ich diese Regel aufgestellt habe.
- Notfallversorgung
Immer ein paar
Durchfalltabletten, Desinfektionsmittel und Taschentücher dabeihaben. Ich
denke, mehr brauche ich dazu nicht zu sagen.
Ich hoffe euch hat das erste Halbjahr auf meinem Blog gefallen und ich freue mich, in die 2. Hälfte zu starten und bin gespannt, was mich noch so alles erwartet.
Ganz liebe Grüße
Theresia
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